Inhalte
Tattoos sind ohne Frage ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft. Schon längst sind Tätowierungen nicht mehr auf bestimmte Gesellschaftsgruppen begrenzt, sondern schmücken die Körper aller Geschlechter, sozialer Schichten und Berufe. Hier ist ihre Geschichte. Die Geschichte der Tattoos.
Wer wissen möchte, wo die Kunst des Tätowierens ihren Ursprung hat, muss sich vor allem einer Tatsache bewusst sein:

So richtig wissen wir das nicht.
Fakt ist, dass sich Tattoos über Jahrtausende an verschiedensten Ecken und Enden der Welt praktisch parallel entwickelt haben.
Damit zählt Tätowieren zu den ältesten Kunstformen der Menschheit. Seit jeher, vielleicht seit Beginn des menschlichen Bewusstseins, haben wir uns Muster in die Haut geschnitten und diese zum Beispiel mit Asche gefüllt, um Ornamente auf unseren Körpern zu erschaffen.
Die Geschichte der Tattoos zu kennen hilft, bestimmte Tattoo-Stile und Techniken zu verstehen. Gleichzeitig gibt sie auch Aufschluss über die Entwicklung der Menschheit, ihr immerwährendes Bedürfnis, sich ästhetisch auszudrücken und leider auch die Neigung, bestimmte Menschengruppen auszugrenzen und als andersartig zu kennzeichnen.
Womit hat alles angefangen? Von Feuer und Asche
Möchten wir zeitlich wirklich ganz von vorne anfangen, so finden wir uns hier: in der Grotte Arcy- sur-Cure in Frankreich. Dort wurden Werkzeuge und eine Feuerstelle zur Herstellung von Farben gefunden, welche darauf hinweisen, dass schon 35.000 Jahre vor unserer Zeit tätowiert wurde.1)Vgl.: https://tattoo-welt.blogspot.com/p/tattoos-gibt-es-nicht-erst-seit-gestern.html
Das liefert zumindest einen Anhaltspunkt dafür, dass Tattoos wohl schon länger Teil der Menschheitsgeschichte sind, als für lange Zeit angenommen wurde.
Auch in Grönland wurden Höhlenmalereien gefunden, welche etwa 30.000 Jahre alt sind und tätowierte Menschen zeigen sollen.2)Vgl.: https://www.suedwind-magazin.at/die-tiefen-wurzeln-der-tattoos Gleichzeitig gibt es archäologische Funde von 12.000 Jahre alten Skulpturen auf denen ebenfalls Menschen mit Tattoos abgebildet sind.3)Vgl.: https://www.tattoo-studio-stuttgart.de/die-geschichte-von-tattoos/
https://www.forty-one-tattoo.de/service/tattoo-geschichte/ Diese sind wohl dadurch entstanden, dass man sich absichtlich Wunden in die Haut ritzte und diese mit Asche füllte. Auch in der Sahara stieß man auf Wandmalereien, die Tätowierte zeigen könnten, die stammen allerdings aus ca. 5000 v. Chr.4)Vgl.: https://tattoo-welt.blogspot.com/p/tattoos-gibt-es-nicht-erst-seit-gestern.html
Der Mann aus dem Sand und der Mann aus dem Eis
Die wohl berühmteste tätowierte Mumie und der älteste europäische menschliche Beweis für Tattoos ist der „Mann aus dem Eis“, Ötzi. Die 1991 in Südtirol gefundene Mumie ist etwa 5250 Jahre alt und hat angeblich über 60 Tätowierungen. So fanden Forscher unter anderem Linien an den Füßen und oberhalb der Nieren, sowie ein Kreuz in der Kniekehle. Die Anordnung der tätowierten Striche deuten darauf hin, dass Tattoos zu dieser Zeit vor allem zu medizinischen Zwecken eingesetzt wurden, da Ötzis Tattoos sich an Akkupunkturpunkten befinden.5)Vgl.: https://www.prosieben.de/tv/galileo/videos/201679-die-geschichte-des-tattoos-clip
https://swiss-ink-tattoo.ch/tattoo-geschichte/
https://mystic-tattoo.com/geschichte-des-tattoos
https://www.suedwind-magazin.at/die-tiefen-wurzeln-der-tattoos
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/oetzi-hatte-61-taetowierungen-tattoos-auf-gletschermumie-a- 1015739.html
https://www.aerztezeitung.de/Panorama/Oetzi-und-die-Geschichte-der-Taetowierung-305585.html

Möchte man nun wissen, wer der erste gefundene Mensch mit Tätowierungen war, so gehen die Meinungen auseinander. Ötzi trug lange diesen Titel, wurde jedoch durch neue archäologische Funde vom Thron gestoßen. So wurde im Norden Chiles eine etwa 7000 Jahre alte Mumie entdeckt, welche Tattoos an Händen und Füßen zeigte.6)Vgl.: http://www.m4tattoo.de/index.php?id=6
https://frolleinm.de/tattoo-infos/geschichte-des-tattoos/
Den frühesten Beweis für Tätowierungen in Afrika findet man auf einer Mumie aus Gebelein, Ägypten. Der etwa 5350 Jahre alte Mann liegt in einer Dauerausstellung des British Museums in London. Mithilfe von Infrarotstrahlung entdeckten Forscher Tattoos in Form eines Stieres und eines Schafes.7)Vgl.: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S030544031830030X
https://www.sueddeutsche.de/wissen/menschheitsgeschichte-die-aeltesten-tattoos-der-welt-1.3892987
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/aelteste-tattoo-bilder-auf-mumie-entdeckt-a-1196140.html
Spult man etwas über ein Jahrtausend vor, so stößt man auf die ägyptische Priesterin Amunet. Die etwa 4000 Jahre alte Mumie wurde mit Tattoos gefunden, die angeblich ihre Verbindung zum Jenseits symbolisieren.8)Vgl.: https://www.akzept.org/newsletter/Taetowierung.Piercen.Geschichte.pdf
Wie sieht´s mit Asien aus?
Frühe Hinweise für Tattoos in Japan gibt es aus der Zeit des Neolithikums. Ab etwa 3000 v. Chr. finden sich Muster auf Keramikfiguren, von denen vermutet wird, dass sie für Tattoos stehen und Fruchtbarkeitsgöttinnen abbilden sollen.9)Vgl.: https://mystic-tattoo.com/geschichte-des-tattoos
Doch auch schon die Ureinwohner Japans, die Ainu, ließen sich wohl bereits 4500 v.Chr. tätowieren. Diese Tattoos nannten sich Anci-Piri und stammten vermutlich aus der Jomon-Zeit.10)Vgl.: https://www.akzept.org/newsletter/Taetowierung.Piercen.Geschichte.pdf https://gogonihon.com/de/blog/tattoos-in-japan-eine-lange-tradition/
Das eurasische Reitervolk der Skythen, welche zwischen dem 8. und 2. Jahrhundert vor Christus das heutige Sibirien besiedelten, sind für besonders großflächige und bildhafte Tattoos bekannt. In den 90er Jahren wurde ein etwa 2400 Jahre alter Leichnam einer Skythen Frau mit Tattoos entdeckt. Bei diesem Volk galten Tattoos wohl als eine Art Auszeichnung für außergewöhnliche erbrachte Leistungen.11)Vgl.: http://wortraub.com/?p=3347
Und woher kommt nun eigentlich der Begriff „Tattoo“?
Die Bezeichnung stammt vermutlich aus dem polynesischen Raum und hat sich von „tatau“ abgeleitet. Das bedeutet so viel wie „klopfen“ oder auch „Wunden schlagen.“ Die Polynesier gelten vielerorts als Erfinder des Tätowierens. Zwar kann man, wie wir bereits herausgefunden haben, keinen genauen geographischen oder zeitlichen Startpunkt der Kunstform der Tattoos festlegen.Jedoch spielt Tätowieren auf jeden Fall eine große Rolle in der Geschichte der Ureinwohner Polynesiens. Schon etwa 1500 v. Chr. tätowierten sich die Menschen Polynesiens und kennzeichneten damit unter anderem heiratsfähige Mädchen.12)Vgl.: https://bodypiercing.co.at/tattoo-geschichte/
Und noch bei vielen anderen Ur-Völkern fanden Tätowierungen Verwendung als Kennzeichnung, Heilmittel oder simpel Körperschmuck. So tätowierten sich bereits früh die Inuit, die Samoa, die Maya und die Pikten.13)Vgl.: http://www.macroy.de/celtic.html

Die Alte Welt
In der Antike nutzten die Kelten ihre großflächigen und traditionell blauen Tattoos um ihre Gegner bei Kämpfen zu schockieren. Sie kämpften meist nackt, wobei ihre Ganzkörpertattoos für viel Verwirrung gesorgt und ihnen sicher den ein oder anderen Vorteil verschafft haben werden.14)Vgl.: http://www.macroy.de/celtic.html
Auch bei den Thrakern, einem indoeuropäischen Volk, erfreuten sich Tattoos großer Beliebtheit. Um 450 v. Chr. schrieb Herodot, Tätowierungen seien bei den Thrakern ein Zeichen von Adel.15)Vgl.: https://www.aestheticart.de/blog/tattoo-geschichte/
Das sahen aber nicht alle so. Die alten Griechen benutzten Tattoos zum großen Teil zur Kennzeichnung von Sklaven oder Kriminellen. Für sie galten Tätowierte als Menschen zweiter Klasse, da Tattoos vor allem durch in ihren Augen barbarische Völker bekannt waren.Auch die Römer tätowierten vor allem zur Bestrafung und kennzeichneten damit Verbrecher als Ausgestoßene. Unter anderem wurden frühe Christen dadurch aus der römischen Gesellschaft ausgeschlossen, fanden sich aber gleichzeitig oft in Gruppen mit Gleichgesinnten zusammen, welche sie an ihrem Tattoo erkannten.16)Vgl.: https://www.geo.de/geolino/mensch/10421-rtkl-kulturgeschichte-warum-sich-menschen-taetowieren-lassen
http://www.tattoo-culex.de/die-geschichte-des-taetowierens/
Kein Wunder, dass der lateinische Begriff „stigma“ übersetzt so viel wie „Brandmal“ oder„Markierung“ bedeutet.17)Vgl.: https://www.katholisch.de/artikel/21381-taetowierungen-untilgbare-praegemale-mit-tiefer-bedeutung Man grenzte durch Kennzeichnung bestimmte Menschen aus der Allgemeinheit aus, wodurch sich Vorurteile entwickelten. Eine Praxis, die unter anderem Jahrtausende später im Nationalsozialismus mit dem Tätowieren von Gefangenen in Konzentrationslagern wiederauftauchte.
Traditionelle Tattoos mit modernen Fans
Mit zu den bekanntesten traditionellen Tattoos zählen die sogenannten Ta Moki der Maori. Etwa 1000 n. Chr. brachten das indigene Volk ihre Körperkunst aus Polynesien nach Neuseeland. Die Methode, bei der mit Hammer und Meißel Muster in die Haut geschlagen werden, ist heute noch sehr beliebt bei Tattoo-Fans. So ließ sich zum Beispiel Rihanna 2013 auf Tour in Neuseeland auf diese traditionelle Art die Hand tätowieren (und nur wenige Wochen später durch ein Henna- inspiriertes Design überdecken).
Tattoos, die sich Nicht-Maori zum Beispiel als Andenken in Neuseeland stechen lassen, heißen Kirituhi und beziehen sich bewusst nicht auf Maori-Symbolik.
Die Ta Moko, wie die traditionellen Tattoos der Maori genannt werden, tragen viel Aussagekraft über Rang, Heiratsfähigkeit und Stammesherkunft. Nur gebürtige Maori dürfen sich ein solches Symbol stechen lassen. Männer tragen die Tattoos meist auf Gesicht, Po, Rücken und Waden, während Frauen sich vor allem in der unteren Gesichtshälfte, also auf Lippen und Kinn, verzieren lassen. Ein Ta Moko galt bei den Maori als attraktiv und Maori-Mädchen ohne Tattoos hatten wenige Chancen, einen Mann zu finden.Die Ta Moko waren für lange Zeit von der Bildfläche verschwunden, erfreuen sich aber seit den 90er Jahren neuer Beliebtheit.18)Vgl.: https://www.goethe.de/ins/au/de/kul/sup/urb/20853300.html
https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/mode/taetowierungen_schoenheit_die_unter_die_haut_geht/pwiewiekamdastattoonacheuropa100.html
https://swiss-ink-tattoo.ch/tattoo-geschichte/
https://www.expedia.de/explore/reiselexikon-ta-moko
https://www.prosieben.de/tv/galileo/videos/201679-die-geschichte-des-tattoos-clip
Aber … wieso das alles?
Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass Menschen bereits lange vor Beginn unserer Zeitrechnung eine Faszination für Körperkunst empfanden. Doch wie kam die Menschheit überhaupt darauf, sich absichtlich Verletzungen zuzufügen und diese zu färben, um dauerhafte Kennzeichnungen zu hinterlassen?
Eine sichere Antwort gibt es darauf nicht. Was jedoch logisch scheint ist die Theorie, dass sich Tätowierungen bei unseren Vorfahren aus zufällig entstandenen Narben entwickelt haben. Auf der Jagd oder bei Kämpfen konnte viel Schmutz in offene Wunden gelangen, was die Heilung verzögerte. Hierdurch blieben teilweise gut sichtbare Narben zurück, welche zu einem Zeichen für einen erfolgreichen Jäger wurden. Mit der Zeit könnte man angefangen haben, sich solche Narben absichtlich zuzufügen, um die Illusion vieler verfochtener Kämpfe und gelungener Jagden zu erwecken.19)Vgl. https://www.wissenschaft.de/geschichte-archaeologie/magische-koerperkunst/
To be continued…
Wir sind in unserem Rückblick nun etwa beim Beginn unserer Zeitrechnung angelangt. Wie es weiterging, was das Christentum so von Tattoos hielt, und was James Cook mit der Verbreitung von Tattoos im europäischen Raum zu tun hat, erfahrt ihr im nächsten Artikel.

References