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Jeder kennt die Geschichten von unerbaulichen Erlebnissen in Tattoostudios. Du hast einen Termin, bist sowieso schon nervös und betrittst diesen komplett durchgestylten Shop. Dort wirst du dann von noch durchgestylteren Tätowierer*innen empfangen. Alle sind unglaublich lässig, cool und selbstsicher. Auf den Behandlungsstühlen siehst du stark tätowierte Menschen, die lässig mit den Artists scherzen, sodass man den Eindruck bekommt, der Shop sei ihr zweites Wohnzimmer. Deine schwitzigen Hände kneten nervös den Zettel, auf dem du deinen Tattoowunsch ausgedruckt hast. Plötzlich bist du nicht mehr sicher, ob du ihn zeigen möchtest. Es ist wahrscheinlich, dass sie deinen Wunsch belächeln und noch wahrscheinlicher, dass alle Fragen, die du dir rund um deinen Wunsch zurecht gelegt hast, sie nicht nur zum Lächeln sondern in einen TikTok-tauglichen Lachflash katapultieren werden, weil du einfach keine Ahnung hast, was in diesem Shop abgeht. Das hat manchmal mit Wohlfühlen im Tattoostudio so eher gar nichts zu tun…
Schluss damit! Diese Szenarien sollten der Vergangenheit angehören. Wir haben in Zusammenarbeit mit professionellen Tätowierer*innen einen Feel-Good-Guide entwickelt, der dir zeigt, was du sagen, fragen und machen darfst für maximales Wohlfühlen im Tattoostudio. Denn abgesehen von einer obligatorischen Tattoo-Nervosität solltest du keinerlei Unsicherheit haben, wenn du zum ersten Mal ein (neues) Tattoostudio betrittst.

Vor dem Termin
Jede/r Tätowierer/in möchte, dass du dich im Studio und während des Termins wohl fühlst.
Die wichtigste Grundlage dafür ist, dass du in einer guten körperlichen Verfassung zum Termin kommst. Wenn du ausgeschlafen zum Termin erscheinst und im besten Fall vorab etwas gegessen hast, bist du super vorbereitet.
Bei Erkältungssymptomen aller Art solltest du den Termin absagen. Das gilt ebenfalls, wenn du unter dem Einfluss blutverdünnender Medikamente stehst.
Damit du auch während des Tätowierens fit bleibst, nimm dir etwas zu trinken mit und gegebenenfalls etwas zu essen, wenn der Termin länger dauert. Auch bei kleinen Tattoos hilft ein schneller Energielieferant in Form von Traubenzucker oder Obst.
Kein/e Tätowierer/in kann von dir verlangen, über deine Grenzen zu gehen. Eine Tattoositzung kann und sollte immer nur so lange dauern, wie du durchhältst und dich körperlich wohl fühlst. Scheue dich nicht davor, deinen Tätowierer oder deine Tätowiererin um eine Pause oder um eine zweite Sitzung zu bitten, wenn du nicht mehr kannst.
Der Umgang miteinander
Für ein rundum positives Tattoo-Erlebnis ist es wichtig, dass alle Beteiligten respektvoll miteinander umgehen. Du kannst von deinem Tätowierer oder deiner Tätowiererin einen ausnahmslos höflichen Umgang mit dir erwarten! Bitte verhalte dich umgekehrt genauso. Stellt sicher, dass ihr gegenseitig euren bevorzugten Namen und das bevorzugte Geschlechtspronomen kennt, um euch richtig ansprechen zu können.
Wenn du gerne eine Begleitperson mitbringen möchtest, kündige es am besten vorher an. In der Regel sollte nichts dagegen sprechen. Eventuell gibt es jedoch spezielle Gründe, wie z.B. Corona, die es unmöglich machen. Gegebenenfalls kann der Termin dann verschoben werden.
Vor Ort kannst du netterweise noch fragen, ob ein Gespräch zwischen euch die Konzentration des Tätowierers/der Tätowiererin beeinträchtigt und ob ihr sie/ihn miteinbeziehen sollt oder lieber nicht.
Auch der Umgang mit dem Smartphone kann vor dem Tätowieren geklärt werden, um unangenehmen Situationen vorzubeugen. Manche Tätowierer*innen sind froh, wenn der Kunde sich mit seinem Handy ablenken kann. Andere freuen sich, wenn du dich anstatt mit deinen WhatsApp-Kontakten mit ihnen unterhältst. Dein Tätowierer/deine Tätowiererin wird dir außerdem sagen, wenn deine Armbewegungen am Handy das Tätowieren beeinträchtigen.
Ein kleiner Scherz am Rande kann jede unangenehme Situation auflockern. Bedenke jedoch, dass du deinen Gegenüber nicht besonders gut kennst. Manch ein unbedachter Spruch kann hart treffen und die Stimmung während des Termins zerstören. Beliebte Beispiele sind: „Deinen Stundenlohn hätt‘ ich auch gern!“, „Nach mir hast du schon Feierabend?“, „Wie du arbeitest möchte ich mal Urlaub machen!“ Solche Sätze klingen witzig, sind aber angesichts der Schwierigkeit der Arbeit unangebracht. Umgekehrt musst du dir natürlich auch keine Sprüche, wie „Jetzt stell dich nicht so an.“ oder ähnliches gefallen lassen!

Beratung und Vorbereitung auf das Tätowieren
Bevor ihr loslegt, darfst und solltest du alle Fragen stellen, die dir auf der Seele liegen. Sei dir sicher, dass es keine Frage gibt, die dein Tätowierer/deine Tätowiererin nicht schon einmal gehört hat und gerne bereit ist, zu beantworten. Es gibt keine dummen Fragen und es ist dein gutes Recht, ausreichend informiert in den Termin zu starten.
Frage dich selbst, ob dir die Vorlage zu 100% gefällt. Ist das nicht der Fall, bitte den Tätowierer, Änderungen vorzunehmen. Du darfst dich trauen, deine Änderungswünsche anzusprechen. Auch dem Tätowierer ist es wichtiger, dass das Tattoo in erster Linie dir gefällt, denn du trägst es ein Leben lang auf deiner Haut.
Das Gleiche gilt für die Platzierung des Stencils. Ein Stencil kann und sollte so oft neu positioniert werden, bis du als Kunde mit der Platzierung glücklich bist. Dein Tätowierer/deine Tätowiererin wird dir erklären können, welche Stellen aus technischen Gründen nicht funktionieren.
Viele Tätowierungen machen das Ausziehen von Kleidungsstücken unumgänglich. Wenn du dich vor deinem Tätowierer nicht ausziehen möchtest und dir Nacktheit und Berührung unangenehm sind, können manche Tattoos nicht realisiert werden.
Außer bei einem Ganzkörper-Tattoo, wird von dir in der Regel aber nie verlangt, deine gesamte Kleidung abzulegen! Bei Stellen, wo so etwas in Frage kommen könnte, kannst du vorab fragen, welche Freiheiten zum Arbeiten nötig sind. Vielleicht kannst du deine Kleidung so wählen, dass du gewisse Kleidungsstücke anbehalten kannst. Wenn dich die Blicke anderer Kunden stören, bitte deinen Tätowierer/deine Tätowiererin einen Sichtschutz aufzustellen. Alternativ kannst du deine Blöße auch mit Küchenpapier und Klebeband bedecken.
Vor dem Tätowieren kannst du fragen, wie schmerzhaft die Stelle oder das Tattoo wird. Dein/e Tätowierer*in kann dir keine Garantie auf die Richtigkeit ihrer/seiner Einschätzung geben, aber ihr solltet geklärt haben, ob es eine heikle Stelle ist oder ob du beispielsweise eine generell erhöhte Schmerzempfindlichkeit hast.
Während des Tätowierens
Du hast das Recht darauf, jederzeit eine Pause einzulegen. Sag deinem Tätowierer/deiner Tätowiererin immer Bescheid, wenn du einfach kurz durchatmen musst, Hunger oder Durst hast oder mal zur Toilette gehen möchtest.
Ist dir eine bestimmte Berührung während des Tätowiervorgangs unangenehm, solltest du auch dies offen ansprechen.
Bitte frag, bevor du Fotos oder Videos mit dem Handy machst. Nicht jede/r Tätowierer*in möchte ungefragt oder heimlich abgelichtet werden. Das gilt natürlich auch für dich. Bestenfalls bist du schon in der Einverständniserklärung auf den Umgang mit Foto- und Videoaufnahmen im Shop hingewiesen worden. Wenn du nicht in Instagram-Stories oder auf Work-In-Progress-Fotos erscheinen möchtest, darfst du das natürlich jederzeit äußern.
Gibt es Störfaktoren im Studio, die dein Durchhaltevermögen beeinträchtigen? Laute Musik, Gespräche von anderen oder Handytöne können auf die Dauer an die Substanz gehen. Auch diesen Punkt kannst du jederzeit ansprechen.
Du möchtest wissen, warum etwas bestimmtes gemacht wird oder warum dein Tätowierer/deine Tätowiererin die ganze Zeit so kritisch guckt? Frag einfach! Du hast während der ganzen Sitzung das Recht darauf zu erfahren, was passiert und warum. Nur übertreiben solltest du es nicht! Ein gewisses Grundvertrauen sollte bereits vorhanden sein, sobald die Nadel anfängt zu surren.
Nach dem Tätowieren
Jede/r Tätowierer*in ist auf gute Fotos seiner Werke angewiesen. Auch, wenn dir die Knie schlottern und du völlig fertig bist, ist es wichtig, jetzt nochmal die Zähne zusammen zu beißen, um ein gutes Foto deiner Tätowierung zu machen. Sei so gut und nimm dir die Zeit, die dein Artist dafür braucht. Natürlich hast du ein Recht darauf, dir die Fotos zeigen zu lassen. Ebenso darfst du mitbestimmen, welche Fotos von dir nicht im Internet oder einer Mappe erscheinen sollen. Wenn du dich generell unwohl damit fühlst, dass ein Foto von dir gemacht wird oder du es vielleicht aufgrund einer bestimmten Körperstelle nicht möchtest, ist das völlig okay! Sprich es einfach offen und ehrlich an. Niemand kann dich dazu zwingen.
Weise deinen Tätowierer/deine Tätowiererin darauf hin, ob du auf Social Media Kanälen markiert, verlinkt oder erwähnt werden möchtest. Manche Kunden möchten das gar nicht, andere sind traurig, wenn sie auf Instagram nicht verlinkt werden. Diese Missverständnisse könnt ihr im Vorfeld vermeiden.
Deine Tätowierer*in sollte dich über die korrekte Nachbehandlung aufklären. Es ist wichtig, dass du die Hinweise ernst nimmst und Nachfragen stellst, wenn du etwas nicht verstanden hast. Sollte es während der Abheilung zu Komplikationen kommen, frage bitte immer zuerst dort, wo du dein Tattoo bekommen hast, bevor du ärztlichen Rat einholst oder andere Tätowierer*innen befragst.
Viele Kunden fragen sich, ob es üblich ist, im Tattoostudio Trinkgeld zu geben. Natürlich freut jeder über eine kleine Zulage, es wird jedoch nicht von dir erwartet, dass du mehr zahlst, als verlangt – wie es in anderen Branchen der Fall ist.
Wir hoffen, dass wir dir mit diesem Guide einige Unsicherheiten nehmen konnten. Beachte bitte, dass die aktuell geltenden Corona-Regelungen manche Hinweise ungültig machen. Beispielsweise ist das Mitbringen einer Begleitperson zur Zeit unzulässig. Wir hoffen jedoch alle, dass sich das bald wieder ändert und wir den normalen Tattooalltag leben können.
Ein Hinweis zum Schluss: Eine besondere Freude machst du deinem Tätowierer/deiner Tätowiererin mit einem Foto deiner abgeheilten Tätowierung und einem Feedback, wie zufrieden du mit dem Tattoo und deinem Aufenthalt im Studio warst.
Dieser Artikel war darauf fokussiert, dir deine Rechte im Rahmen des Tattooprozesses zu erklären, damit du auf gewisse Dinge bestehen kannst, um dein mentales Wohlbefinden zu garantieren. Wenn du wissen willst, was du umgekehrt tun oder lassen kannst oder solltest, um deinen Tätowierer glücklich zu machen, schau dir doch mal unseren Tattoo-Knigge Guide zu den Dos und Dont’s beim Tattooprozess an.
