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Der Bund hat sein Rettungspaket beschlossen. Eine Soforthilfe für drei Monate soll auf schnellstmöglichem Weg für Selbstständige zur Verfügung gestellt werden. Somit gilt die Corona-Soforthilfe auch für dich als Tätowierer, der gegebenenfalls im Rahmen des Corona-Chaos mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben wird. Sicherlich hast du schon davon gehört und denkst gerade darüber nach sie zu beantragen oder hast es bereits getan.
Von einigen Tätowierern haben wir allerdings Unsicherheiten, Fragen und Bedenken vernommen. Dieser Artikel nimmt unter anderem Bezug auf einen Artikel von Esther von Zum Buntspecht Tätowierungen. Wir haben uns daraufhin das Konstrukt noch einmal genau angeschaut. Im Folgenden wollen wir auf die Bedingungen und Regeln dieses staatlichen Zuschusses im Detail eingehen und erörtern, was es eventuell zu bedenken gibt.
Dies ist keine rechtlich verlässliche Aussage, sondern lediglich unsere Meinung aufgrund unserer eigenen Recherche sowie Rücksprache mit Tätowierern und einem Steuerberater.
Geld gibt es nicht geschenkt – Die Bedingungen
Die Intention des Staates hinter der Finanzierungshilfe ist der Schutz von Unternehmungen vor der Insolvenz durch die Schäden des Coronavirus und der diesbezüglichen, staatlichen Maßnahmen.
Für die nächsten drei Monate kann eine Summe X beantragt werden, die das unternehmerische Überleben sichern soll. Das heißt, es geht darum, akute finanzielle Engpässe durch fehlende Einnahmen auszugleichen. Laufende betriebliche Kosten, die nicht mehr durch vorhandene Liquidität gedeckt werden können, übernimmt der Staat für dich im Rahmen seiner Soforthilfe.
Je nach Bundesland sind die Regeln leider ein wenig unterschiedlich, aber im Grunde gilt:
Akute betrieblichen Kosten für 3 Monate
– (Liquiditätsreserven + aktuelle Einnahmen)
= Hilfe, die beantragt werden kann
Darin enthalten sind also laufende Kosten wie Miete, zu zahlende Kredite und Raten, Lizenzen für Programme oder sonstige monatliche laufende Kosten, die du nicht einfach unterlassen kannst. Darüber hinaus je nach Bundesland eventuell auch dein Lohn, also das was du zum Leben brauchst.Wir gehen im Folgenden noch auf die Einzelheiten jedes Bundeslandes ein, aber vom Grundsatz her solltest du dir überlegen ob du noch genug Geld hast um ohne Hilfe durch die Krise zu kommen, oder ob du einen Zuschuss brauchst, um es zu schaffen.
Das Problem mit den Gutscheinen
Viele Tätowierer haben begonnen ihre Liquidität durch den Verkauf von Prints, Kunstobjekten, Anzahlungen oder Gutscheinen zu erhöhen. Das ist jedoch bei einer parallelen Beantragung der Soforthilfe eventuell gar nicht so sinnvoll. Denn das Erhöhen der vorhandenen Liquidität durch Einnahmen führt zu einer Verminderung des Liquiditätsengpasses, zu dessen Deckung die Soforthilfe gedacht ist. Wenn du also jetzt einfach mal eine Summe X beantragt hast und dann parallel doch genug Geld verdienst, um deine Kosten zu decken, kann es sein, dass du den Zuschuss am Ende zurückzahlen musst. Es weiß noch keiner genau, wie und ob das Ganze am Ende überprüft wird. Nach der aktuellen Formulierung der Bedingungen, erscheint eine Prüfung mit etwaigen Konsequenzen aber realistisch.
Darüber hinaus schiebst du dir dein Liquiditätsproblem natürlich in die Zukunft. Denn Einnahmen durch Gutscheine jetzt bedeuten weniger Einnahmen auf Tattoos in der Zukunft. Viele Tätowierer kennen das aus dem Weihnachtsgeschäft mit Gutscheinen.
Es könnte zu empfehlen sein, für die Monate März, April und Mai erst einmal die Soforthilfe für den Liquiditätsengpass zu verwenden und erst danach, wenn diese aufgebraucht ist, mit der Erwirtschaftung zusätzlicher Einnahmen unter anderem durch den Verkauf von Gutscheinen zu beginnen. Für mehr Ideen dazu, schaut euch gerne unseren Artikel zu weiteren Einkommensmöglichkeiten für Tätowierer an.
Gleiches gilt dementsprechend für den Aufschub jeglicher Kosten. Mit dem Vermieter könnte zum Beispiel eine Mietminderung vereinbart werden, die später auszugleichen ist. Wahrscheinlich macht es auch hier Sinn, erst einmal alle Kosten in voller Höhe mit der Soforthilfe zu begleichen und danach, wenn nötig, alle weiteren Register zu ziehen.
Unternehmen in Schwierigkeiten
Ausgenommen von der staatlichen Förderung im Rahmen der Soforthilfe sind sogenannte „Unternehmen in Schwierigkeiten“. Diese sind wie folgt definiert:
Regeln fürs Ausgeben
Beim Ausgeben gilt im Prinzip wieder derselbe Grundsatz, wie bei der Beantragung. Die staatlichen Mittel sind dafür gedacht deine akuten Kosten zu decken, die dich sonst in die Insolvenz treiben würden. Nicht gedacht ist der Zuschuss somit für jegliche Investitionen, z.B. in neues Material, oder sonstige Dinge, wo du vielleicht sagen würdest, das brauche ich nun mal und die du dir vielleicht unter normalen Umständen aus deinen Einnahmen einfach leisten würdest, die aber nicht unbedingt nötig sind.
Da noch keiner so genau abschätzen kann, wann und wie und ob jemand die Ausgaben, die mit dem Geld getätigt wurden, überprüfen wird, empfiehlt es sich aus unserer Sicht einfach eine kleine Liste anzulegen und festzuhalten, wofür das Geld geflossen ist. So bist du für etwaige Fragen in ferner Zukunft gewappnet und sicherst dich ab. Ein denkbares Szenario wäre zum Beispiel, dass im Rahmen deiner Steuererklärung für 2020 geschaut wird, wie deine Einnahmen im Vergleich zu 2019 waren. Falls du also nach Corona aus irgendeinem Grund noch so viel verdienst, dass man anhand der reinen Zahlen nicht sehen kann, dass du eine Krise hattest, du aber trotzdem Soforthilfe beantragt hast, könnte nach einem solchen Nachweis gefragt werden. Alles nur Spekulationen, aber sicher ist sicher.
Darüber hinaus solltest du wissen, dass der Zuschuss als Einnahmen verbucht und somit versteuert werden muss. Behalte also, wenn möglich, direkt eine Rücklage ein dafür.
Besonderheiten der einzelnen Bundesländer
Baden-Württemberg
- 9.000€ bis 5 Beschäftigte zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen. Das ist die einzige Bedingung. Die genaue Höhe des benötigten Zuschusses muss angegeben werden.
- Liquiditätsengpässe vor dem 11.03.2020 werden nicht bezuschusst, sondern nur die, die auch wirklich durch die Corona-Krise entstanden sind.
Bayern
- In Bayern gibt es 5.000€ für bis zu 5 Beschäftigte zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen. Auch hier muss der benötigte Betrag genau spezifiziert werden.
- Auch Bayern überführt gerade sein Programm in das bundesweite und wird auf die 9.000€ umsteigen. Wer bereits zuvor einen Antrag gestellt hat, kann ihn erneut stellen und die gesamte Höhe des Liquiditätsengpasses angeben. Die benötigte Differenz
- Es gilt die Besonderheit, dass zuerst vorhandenes Privatvermögen eingesetzt werden muss, bevor die Soforthilfe beantragt werden darf. Damit dürften wohl keine Wertgegenstände gemeint sein, die vorher veräußert werden müssten, sondern vorhandene Bar-Reserven.
Berlin
- In Berlin gab es zu Beginn 5.000€ vom Land Berlin. Nachdem das bundesweite Programm der Soforthilfe der 9.000€ verabschiedet wurde, konnte man dieses zusätzlich beantragen. Seit dem 01.04. ist nun die Antragsstellung geschlossen und öffnet am 06.04. wieder in Form des einheitlichen Bundesprogramms mit 9.000€.
- Wer zuvor bereits einen Antrag gestellt hat, darf keinen neuen stellen.
Bremen
- In Bremen gibt es 5.000€ für Unternehmen unter 10 Beschäftigten und in besonderen Einzelfällen bis zu 20.000€.
- Die genaue Höhe des benötigten Zuschusses muss angegeben werden.
- Es werden keine Personalkosten gefördert, sondern nur laufende Zahlungen für Miete von Immobilien, die derzeit nicht genutzt werden können sowie Raten für fremdfinanzierte Maschinen und Anlagen, die derzeit nicht genutzt werden können.
Hamburg
- Gefördert werden existenzbedrohliche finanzielle Engpässe, wenn
- mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 11. März 2020 durch die Krise weggefallen sind und/oder
- ein Umsatz- bzw. Honorarrückgang im laufenden und/oder zurückliegenden Monat von mindestens 50 Prozent verglichen mit dem Umsatz der gleichen Monate im Vorjahr (bei Neugründungen im Vergleich zu den Vormonat) vorliegt und/oder
- die Umsatzerzielungsmöglichkeiten durch die Corona-Allgemeinverfügungen massiv eingeschränkt wurden.
- Solo-Selbstständige erhalten hier die bis zu 9.000€ des Bundesprogramms, je nach tatsächlichem Liquiditätsengpass und zusätzlich pauschal 2.500€ vom Land.
- Mit bis zu 5 Beschäftigten sind es 9.000€ vom Bund und 5.000€ vom Land, jedoch nur, wenn nötig.
- Im Rahmen des Antrags müssen zusätzlich angegeben werden:
- gewerbliche Miete,
- Gesamtkosten,
- Umsatz netto für die Zeit vom 01.12.2019 bis 29.02.2020 sowie
- für den Monat März.
Hessen
- Hier gibt es für Selbstständige mit bis zu 5 Beschäftigten bis zu 10.000€ Zuschuss, je nach akutem finanziellem Engpass.
- Der Zuschuss darf lediglich für Betriebskosten genutzt werden und nicht für private Lebenshaltungskosten.
Mecklenburg-Vorpommern
- Bis zu 9.000€ je nach Liquiditätsengpass.
- Private Lebenshaltungskosten dürfen nicht von dem Zuschuss gedeckt werden.
Niedersachsen
- „Die Antragstellerinnen oder Antragssteller müssen versichern, dass sie durch die Covid-19-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, die ihre Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass).
- Die Abdeckung der Lebenshaltungskosten ist kein Bestandteil der Förderung.”
Nordrhein-Westfalen
- 9.000€ pauschal bei bis zu 5 Beschäftigten, wenn eine der folgenden Voraussetzungen gegeben ist:

Rheinland-Pfalz
- Je nach Liquiditätsengpass bis zu 9.000€ bei bis zu 5 Beschäftigten.
- Personalkosten dürfen nicht berücksichtigt werden.
Saarland
- Sind gerade von ihrem Landesprogramm auf das Bundesprogramm umgestiegen.
- Wer nach Beantragung des Landesprogrammes immer noch einen Liquiditätsengpass hat und die Voraussetzungen erfüllt, kann weitere Mittel aus dem Bundesprogramm beantragen.
- Bis zu 9.000€ bei bis zu 5 Beschäftigten, je nach akutem Liquiditätsengpass ohne Personalkosten.
Sachsen & Sachsen-Anhalt (identisch)
- Bis zu 9.000€ bei bis zu 5 Beschäftigten, je nach akutem Liquiditätsengpass ohne Personalkosten.
- Wenn ein Mietnachlass von mindestens 20% gewährt wurde, können 5 Monate als Berechnungsgrundlage herangezogen werden.
Schleswig-Holstein
- Bis zu 9.000€ bei bis zu 5 Beschäftigten, je nach akutem Liquiditätsengpass ohne Personalkosten.
- Wenn ein Mietnachlass von mindestens 20% gewährt wurde, können 5 Monate als Berechnungsgrundlage herangezogen werden.
Thüringen
- Bis zu 9.000€ bei bis zu 5 Beschäftigten, je nach akutem Liquiditätsengpass ohne Personalkosten.
- Wer bereits vorher das Landesprogramm von 5.000€ beantragt hat, kann jetzt noch weitere 4.000€ beantragen, bis die 9.000€ des Bundes erreicht sind.
Fazit
In Summe können wir wahrscheinlich alle erst einmal froh sein, dass es ein solches Programm von unserer Regierung gibt und dass es so zeitnah umgesetzt wurde. Wir hoffen, dass alle wohlbehalten durch diese Krise kommen. Wenn du mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen hast oder haben wirst, dann beantrage den Zuschuss ruhig. Dafür ist er gedacht. Sich ein wenig Gedanken zu den genannten Punkten zu machen, kann aber sicherlich nicht schaden.
#staysafe 🤞🏼
