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Die direkten und indirekten Auswirkungen der Corona-Krise werden erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland und der ganzen Welt haben. Das bundesweite Kontaktverbot führt zu erheblichen Nachfrageeinbrüchen, das stationäre Geschäft wird auf eine harte Probe gestellt und die Lieferketten funktionieren nicht mehr solide. Die Regierung will durch staatliche Unterstützung, auch für Tätowierer, dagegenhalten.
Da seit letztem Montag (23.03.20) deutschlandweit alle Tattoo-Studios geschlossen bleiben müssen, stellt sich auch vielen Tätowierern und Studio-Besitzern die Frage nach finanzieller Entlastung. Zum einen gibt es verschiedene Optionen, wie man als Künstler auch von zuhause aus Geld verdienen kann. Einige davon haben wir euch bereits in einem anderen Blog-Artikel zusammengefasst.
Alternativ dazu besteht auch die Möglichkeit, staatliche Unterstützung zu erhalten. Um die wirtschaftlichen Schäden aufzufangen, hat die Bundesregierung ein Rettungspaket beschlossen, welches aus verschiedenen Maßnahmen besteht, die für euch relevant sein könnten: Zuschüsse, Kredite, Bürgschaften, gelockerte Bedingungen für Kurzarbeitergeld und einige weitere Rechtsänderungen. Diese haben wir euch im Folgenden zusammengefasst.
Ansonsten ist noch zu sagen, dass sich natürlich laufend noch Änderungen zu dem Genannten ergeben können. Wir werden diese Auflistung kontinuierlich aktualisieren. Diese Version zeigt den Stand vom 26.03.2020.
Kurzarbeit
Das Kurzarbeitergeld (KUG) ist ein Instrument um kleinen und mittleren Unternehmen in schwierigen Zeiten Personalkosten abzunehmen. Es lässt sich am besten anhand eines Beispiels erklären: Durch eine Krise hat ein Betrieb weniger Aufträge, sodass er die Mitarbeiter im Lager nur noch 20 Stunden anstatt 40 beschäftigen kann. Damit der Betrieb die Mitarbeiter nicht gleich entlassen muss, kann er stattdessen die Arbeitszeit und das Gehalt der Mitarbeiter um 50 % reduzieren und der Staat erstattet dann 60 % (67 % für Mitarbeiter mit Kinder) der Differenz zum vollen Gehalt. Hätte ein Mitarbeiter also regulär 2.000,- € netto erhalten, erhält er in der Kurzarbeit noch 1.600,- € (2.000,- € * 50 % + 2.000,- € * 50 % * 60 %), obwohl er dafür nur noch 20 Stunden arbeiten.
Diese Option richtet sich allerdings ausschließlich an diejenigen von euch, die festangestellte und sozialversicherungspflichtige Tätowierer, Piercer, Shop-Manager o. Ä. haben. Praktikanten, kurzfristig Beschäftigte und selbstständige Tätowierer sind von dieser Maßnahme leider ausgeschlossen. Für diejenigen, für die KUG in Frage kommt, haben wir hier die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- KUG-Anspruch bei einem erheblichen Arbeitsausfall (mindestens 10 % der Belegschaft arbeiten mindestens 10 % weniger) mit Entgeltausfall, der auf wirtschaftlichen Ursachen beruht
- Jede Arbeitszeitverringerung von 0 bis 100 % möglich
- Rückerstattung von 60 (bzw. 67 mit Kind) % des entfallenen Nettolohns und der Sozialversicherungsbeiträge
- Arbeitsrechtlich muss Kurzarbeit durch Klausel im Arbeitsvertrag oder eine einzelvertragliche Vereinbarung mit Arbeitnehmer von diesem akzeptiert worden sein
- Resturlaub des Vorjahres und Überstunden müssen zuerst abgebaut werden und Urlaub des aktuellen Jahres muss bereits komplett verplant sein
- Laufzeit bis zu 12 Monaten möglich
- Ablauf: Antrag auf KUG bei Bundesagentur für Arbeit stellen, Bewilligungsbescheid erhalten, Steuerberater Bescheid sagen, jeden Folgemonat das Kurzarbeitergeld und die SV-Beiträge erstattet bekommen
Mit diesem Online-Rechner könnt ihr schonmal vorab schauen, wie sich die Situation dann konkret bei euch darstellen würde.
Soforthilfen und Landesbanken
Weiterhin hat die Bundesregierung Soforthilfen in Form von Zuschüssen und vereinfachte Konditionen für geförderte Kredite und Bürgschaften auf den Weg gebracht. Bei den Soforthilfen handelt es sich um einen einmaligen, nicht rückzahlbaren Zuschuss. Die Höhe der Zahlung hängt von der Anzahl der Beschäftigten ab und ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Üblicherweise gibt es ca. 9.000,- € für kleinere Betriebe und 30.000,- € für größere für einen Zeitraum von drei Monaten. Um den Zuschuss zu erhalten, muss ein Corona-bedingter Umsatzeinbruch und ein drohender Liquiditätsengpass vorliegen.
Außerdem gibt es zusätzliche Unterstützungsprogramme der jeweiligen Landesbanken. Da es bereits auf anderen Seiten einen guten Überblick über die unterschiedlichen Fördermittel der Länder gibt, haben wir an dieser Stelle auf eine vollständige Darstellung verzichtet. Wir empfehlen die Übersicht von GründerDaily oder des BVTs.
Bürgschaften und KfW-Kredite
Eine weitere Option bilden die Bürgschaftsbanken und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (kurz KfW). Erstere können Bürgschaften für Unternehmen ausstellen, die dann bei der Hausbank zur Beantragung eines Kredits verwendet werden können. Durch Corona gibt es dort jetzt eine erhöhte Risikoübernahme (bis zu 80 %) und ein schnellerer Entscheidungsprozess. Bürgschaften < 250 Tsd. Euro sollen innerhalb von drei Arbeitstagen bewilligt werden.
Außerdem gibt es die Möglichkeit, bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau einen Kredit zu beantragen. Es gibt verschiedene Varianten, aber im Allgemeinen ist zu sagen, dass eine Risikoübernahme von bis zu 90 % von Seiten der KfW aus möglich sind. Die restlichen 10 % werden i.d.R. von der Hausbank übernommen. Dort muss ein solcher Kredit auch beantragt werden. Näheres dazu auf der Webseite der KfW.
Entschädigungen nach dem Infektionenschutzgesetz
Das Infektionenschutzgesetz (oder IfSG) sieht vor, dass Entschädigungszahlungen für einen Betrieb möglich sind, der vom Gesundheitsamt geschlossen wurde. Ein Entschädigung ist allerdings nur möglich, wenn einer der Paragraphen 30, 31 oder 42 IfSG Anwendung findet. Das bedeutet, dass euer konkretes Studio unter Quarantäne gestellt oder ein Tätigkeits- oder Beschäftigungsverbot bekommen haben müsste.
Was wir aktuell allerdings in Deutschland haben ist eine Allgemeinverfügung der Länder, wodurch pauschal alle Tattoo-Studios schließen müssen. In diesem Falle sowie im Falle einer freiwilligen Quarantäne greift der § 56 IfSG leider nicht. Eine Entschädigung nach IfSG wird somit für die allermeisten Studios nicht in Frage kommen.
Unsere Kollegen vom Bundesverband Tattoo haben dieses Thema noch deutlich ausführlicher behandelt. Hier findet ihr den entsprechenden Artikel.
Sonstiges
Es gibt noch einige weitere Rechtsänderungen und Unterstützungsmaßnahmen, die wir im Folgenden für euch zusammengefasst haben.
Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen
Es besteht die Möglichkeit zur Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen, wenn das Unternehmen aufgrund der Corona-Krise in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten gerät. Stundung bedeutet, dass sie dann zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. in sechs Monaten) gezahlt werden müssen. Nach Ablauf der Frist wird dann allerdings direkt alles auf einmal fällig, sodass es unbedingt notwendig ist, rechtzeitig eine entsprechende Rücklage zu bilden. Vorteil: Diese Entlastung lässt sich wohl sehr unbürokratisch und kurzfristig umsetzen. Kontaktiert dazu einfach eure zuständige Krankenkasse. Es ist natürlich nur relevant für euch, wenn ihr Festangestellte habt, die auch SV-Beiträge zahlen.
Stundung von Steuern
Auch die Finanzämter wurden vom Bund angewiesen, Unterstützungen bei steuerlichen Fragen zu gewähren. Es können Steuerstundungen gewährt werden, es soll auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge verzichtet werden und eine Anpassung von Vorauszahlungen soll unbürokratisch möglich sein. Alles natürlich immer unter der Prämisse, dass die Krise für die Notsituation des Unternehmens verantwortlich ist. Hierzu müsst ihr euch mit eurem zuständigen Finanzamt in Verbindung setzen und hier gibt es die offiziellen Informationen des Bundesfinanzministeriums. Ein Antrag soll bis zum 31.12.20 möglich sein.
Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Die Insolvenzantragspflicht wurde ausgesetzt, wenn eine grundsätzliche Sanierungsfähigkeit nicht ausgeschlossen werden kann. Das heißt übersetzt: Wenn ihr eine Kapitalgesellschaft (GmbH, UG o.Ä.) führt und eine Zahlungsunfähigkeit absehbar ist, muss dies nicht mehr umgehend vom Geschäftsführer angezeigt werden, wenn eine realistische Chance besteht, dass die Firma wieder auf die Beine kommt. Außerdem können auch keine Gläubiger einen Insolvenzantrag für euch stellen. Diese Regelung soll vorerst bis zum 30.09.20 bestehen.
Leistungsverweigerungsrecht
Ein Vermieter ist nicht berechtigt, ein Mietverhältnis wegen Mietschulden, die aufgrund von Corona entstanden sind, zu kündigen. Ab dem 01.04. gilt außerdem auch ein Leistungsverweigerungsrecht des Endverbrauchers bei Dauerschuldverhältnissen. Darunter fiele z.B. ein Internetvertrag oder die Stormversorgung von einem Energieversorger. Solche Zahlungen könnten theoretisch ausgesetzt werden, wenn die Zahlung das Unternehmen in die Corona-bedingte Insolvenz treiben würde. Beide Sonderbestimmungen gelten vorerst bis zum 30.06.20.
Grundsicherung
Damit niemand sich durch Corona in seiner Existenz bedroht wird, wurden außerdem vorübergehende Erleichterungen bei der Beantragung von ALG II beschlossen, welche zunächst bis zum 30.06.20 Bestand haben sollen. Zum einen soll eine Vermögensprüfung nur bei erheblichem Vermögen durchgeführt werden und zum anderen werden die Kosten für Wohnung und Nebenkosten anerkannt. Weitere Infos gibt es bei der Bundesagentur für Arbeit.
Zum Schluss noch ein Disclaimer: Wir sind keine Anwälte oder Steuerberater. Daher sind selbstverständlich alle getroffenen Angaben ohne Gewähr. Der Prozess ist sehr dynamisch und es kann immer wieder zu Änderungen kommen, die hier (noch) nicht abgebildet sind. Daher ist es immer ratsam, sich nochmal auf den offiziellen Seiten des Landes und des Bundes zu informieren. Trotzdem könnt ihr euch auch gerne jeder Zeit an uns wenden, wenn etwas unklar ist oder ihr Fragen habt. Entweder wir haben die passende Antwort auf Lager oder wir können euch zumindest sagen, wo ihr sie finden könnt.
Außerdem möchten wir an dieser Stelle nochmal auf die Webseiten des Bundesverbands Tattoo und den Kollegen von feelfarbig verweisen, die in den letzten Tagen schon sehr gute Arbeit bei der Corona-Berichterstattung geleistet haben und dies auch sicherlich weiterhin tun werden.
Falls ihr noch Inspiration sucht, womit ihr euch so während der Krise die Zeit vertreiben (und gleichzeitig Geld verdienen) könnt, dann schaut doch auch mal in unseren Blog-Artikel: Einkommen trotz Corona – Wie Tätowierer ohne Tattoos Geld verdienen können. Bleibt gesund und alles Gute! #alonetogether #stayhome #flattenthecurve